July 15, 2025

Aufhebungsvertrag: Das Gebot fairen Verhandelns – Ihre Rechte als Arbeitnehmer Was bedeutet das Gebot fairen Verhandelns beim Aufhebungsvertrag?

Alles über das Gebot fairen Verhandelns beim Aufhebungsvertrag – Ihre Rechte, Tipps, FAQ und Hilfe durch Rechtsanwalt Depenbrock aus Telgte!

Rechtsanwalt Guido Depenbrock

Mit mehrjähriger Erfahrung als Rechtsanwalt verfüge ich über fachliche Expertise und die notwendigen Kenntnisse, um Ihre rechtlichen Anliegen effektiv zu lösen.

Aufhebungsvertrag: Das Gebot fairen Verhandelns – Ihre Rechte als Arbeitnehmer

1. Was bedeutet das Gebot fairen Verhandelns beim Aufhebungsvertrag?

Aufhebungsverträge sind in der Arbeitswelt ein häufig genutztes Mittel, um Arbeitsverhältnisse einvernehmlich zu beenden. Doch immer wieder berichten Arbeitnehmer, sich unter Druck gesetzt oder überrumpelt gefühlt zu haben. Müssen Sie als Arbeitnehmer ein solches Vorgehen einfach akzeptieren oder können Sie sich gegen einen unfair zustande gekommenen Aufhebungsvertrag wehren? Hier erfahren Sie, welche Schutzmechanismen das Gebot fairen Verhandelns bietet und wie Sie Ihre Rechte wahren.

2. Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit der das Arbeitsverhältnis ohne gerichtliches Verfahren und unter beiderseitigem Einverständnis beendet wird. Im Gegensatz zur Kündigung gibt es hier keine gesetzlichen Schutzmechanismen wie Kündigungsfristen oder den Kündigungsschutz für bestimmte Personengruppen. Wird dieser "blind unterschrieben" ohne sich vorher anwaltlich beraten zu lassen, wird damit in der Regel vom Arbeitnehmer eine Position eingenommen, in der Vergleichsverhandlungen und rechtliche Handhabe zur Durchsetzung einer günstigen Rechtsposition schwierig werden. Aus diesem Grund ist es das Beste, wenn Arbeitnehmer sich nicht unter Druck setzen lassen, den Aufhebungsvertrag aus dem Gespräch mit dem Arbeitgeber mitnehmen, einem Anwalt zur Prüfung und Beratung vorlegen und nicht direkt unterschreiben. Diese Möglichkeit besteht für Sie als Arbeitnehmer generell. Sollte der Arbeitgeber Ihnen drohen, dass ohne Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages die fristlose Kündigung droht, sollten sich die Arbeitnehmer hiervon nicht „beeindrucken“ lassen. Wenn der Arbeitgeber sich sicher ist, dass eine wirksame fristlose Kündigung ausgesprochen werden kann, so würde er diese generell aussprechen ohne auf die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrages einzugehen.

Da es sich um eine wiederkehrende Problematik in der Arbeitswelt handelt, hat das Bundesarbeitsgericht hierzu Grundsätze entwickelt, welche als "Gebot des fairen Verhandelns" in Rechtsprechung und Literatur bezeichnet werden.

3. Das Gebot fairen Verhandelns – Schutz vor Übervorteilung

Was steckt hinter dem Gebot fairen Verhandelns?

Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) muss bei der Verhandlung von Aufhebungsverträgen ein Mindestmaß an Fairness eingehalten werden. Das sogenannte Gebot fairen Verhandelns ist als arbeitsrechtliche Nebenpflicht im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 241 Abs. 2 BGB) verankert. Ihr Arbeitgeber darf Sie nicht in eine Lage bringen oder ausnutzen, in der Sie Ihre Entscheidung nicht mehr überlegt und frei treffen können.

Beispiele: Wann ist eine Verhandlung "unfair"?

Das BAG hat in seiner Rechtsprechung (u. a. Urteil vom 24.02.2022 – 6 AZR 333/21) verschiedene Situationen beschrieben, die zu einer Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags führen können:

Typische Fälle von unfairem Verhandeln:

  • Überrumpelung bei einem überraschenden Besuch in der eigenen Wohnung, insbesondere während Krankheit oder Schwäche.
  • Isolierung und massiver Druck, etwa durch stundenlange, belastende Gespräche ohne Pause.
  • Ausnutzen offensichtlich vorhandener Schwächen (z. B. mangelhafte Sprachkenntnisse, Krankheit, erhebliche psychische Belastung).
  • Übermäßige Einschüchterung, Bedrohung oder Weigerung, den Arbeitnehmer vor der Unterschrift aus dem Raum zu lassen.

Beispiele für faire Verhandlungen:

  • Das Gespräch findet zu den üblichen Arbeitszeiten im Betrieb statt.
  • Sie erhalten kein ausdrückliches Rücktritts-, Widerrufs- oder Bedenkzeitrecht – dies ist allein noch kein Anzeichen für Unfairness.
  • Sie werden nicht vorab über das Thema informiert.
  • Im Raum sitzen mehrere Arbeitgebervertreter.
  • Das Angebot ist an die sofortige Annahme gebunden.

Fazit: Entscheidend ist immer der Einzelfall! Maßgeblich ist, ob Ihre Entscheidungsfreiheit durch besonders unfaire Methoden eingeschränkt wurde.

Fair vs. Unfair – Was sagt das BAG?

Situation fair laut BAG unfair laut BAG
Gespräch im Betrieb, normale Zeit
Keine Vorabinfo, keine Bedenkzeit
Angebot muss sofort angenommen werden
Gespräch zu Hause/Krankheit, überraschend
Psychische/physische Schwäche ausgenutzt
Deutliche Isolation oder massiver Druck
Keine Möglichkeit, Rechtsanwalt zu holen (nur in Sonderfällen)
Drohung mit Kündigung bei realer Pflichtverletzung
Drohung ohne echten Grund („Lügenvorwurf“)

4. Muss mir der Arbeitgeber Bedenkzeit oder einen Anwalt ermöglichen?

Viele Arbeitnehmer vermuten, der Arbeitgeber müsse ihnen immer eine Bedenkzeit oder die Möglichkeit zur Konsultation eines Anwalts einräumen. Das stimmt so nicht:

  • Eine Bedenkzeit ist keine Pflicht. Der Arbeitgeber darf verlangen, dass Sie dem Aufhebungsvertrag sofort zustimmen (§ 147 BGB).
  • Rechtsberatung ist kein Muss. Sie haben keinen Anspruch darauf, vor Vertragsunterschrift unbedingt anwaltlichen Rat einzuholen.
  • Wichtig: Sie dürfen jederzeit „Nein“ sagen. Nur wenn der Arbeitgeber darüber hinaus noch unfairen Druck ausübt (s. o.), kann dies die Unwirksamkeit des Vertrags begründen.

5. Darf der Arbeitgeber mit Kündigung oder Strafanzeige drohen?

Ein häufiger Knackpunkt: Arbeitgeber machen Aufhebungsverträge oft von der sofortigen Unterschrift abhängig und weisen zugleich auf die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung oder Strafanzeige hin.

Laut BAG ist das nur dann unzulässig, wenn völlig unhaltbare Vorwürfe erhoben werden. Hat der Arbeitgeber tatsächlich einen nachvollziehbaren Kündigungs- oder Anzeigengrund, handelt es sich nicht um eine "widerrechtliche Drohung", sondern um die Offenlegung ernstzunehmender Handlungsoptionen.

6. Was passiert, wenn das Gebot fairen Verhandelns verletzt wird?

Rechtsfolgen bei unfairen Verhandlungen

Kommt ein Aufhebungsvertrag unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande, ist er unwirksam. Sie können durch Schadensersatzanspruch verlangen, so gestellt zu werden, als hätten Sie den Vertrag nie unterzeichnet. Praktisch bedeutet das: Ihr Arbeitsverhältnis besteht weiter – Sie sind wieder Arbeitnehmer mit allen Rechten und Pflichten.

7. Praktische Tipps: So schützen Sie Ihre Rechte als Arbeitnehmer!

Was können Sie im Gespräch tun?

  • Bitten Sie um Bedenkzeit – auch wenn der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, Ihnen diese zu gewähren, verschaffen Sie sich damit oft einen Aufschub.
  • Fragen Sie nach dem Grund des Gesprächs, wenn Sie überrascht werden.
  • Notieren Sie den Ablauf des Gesprächs (Datum, Uhrzeit, Anwesende, wesentliche Aussagen), besonders falls Sie sich unter Druck gesetzt fühlen.
  • Unterschreiben Sie nichts unter Druck – ein Nein ist jederzeit möglich.
  • Ziehen Sie frühzeitig anwaltlichen Rat hinzu, wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens haben.

8. FAQ

FAQ zum Aufhebungsvertrag und fairen Verhandeln

Damit ist die arbeitsrechtliche Pflicht gemeint, dass niemand in der Verhandlung unfair überrumpelt oder durch unzumutbaren Druck zur Unterschrift genötigt werden darf.
Ein gesetzliches Widerrufsrecht gibt es nicht. Nur bei nachweislich unfairen Umständen ist eine Anfechtung möglich.
Ein sofortiges Vertragsangebot ist nicht per se unfair. Kritisch wird es nur, wenn weitere Druckelemente oder eine Überrumpelungssituation dazukommen.
Nur tatsächliche, arbeitsrechtlich begründete Schritte (z. B. berechtigte Kündigung) dürfen in Aussicht gestellt werden, keine haltlosen Drohungen.
Wenn Sie nachweislich durch unfaire Methoden zur Unterzeichnung gedrängt wurden oder Ihre Entscheidungsfreiheit missbilligenswert eingeschränkt wurde.
Ja, lassen Sie den Vertrag und Ablauf immer prüfen, besonders wenn Sie sich unter Druck gesetzt oder unsicher fühlen.

9. Ihr gutes Recht: Lassen Sie sich beraten!

Schlusswort

Nicht jedes unangekündigte oder unangenehme Trennungsgespräch ist automatisch unfair. Erst wenn besondere, gravierende Umstände vorliegen, ist ein Aufhebungsvertrag angreifbar. Die Gerichte beurteilen jede Situation im Einzelfall – doch: Sie müssen nicht jede Vorgehensweise hinnehmen!

Im Zweifel: Lassen Sie den Aufhebungsvertrag von einem Anwalt prüfen, bevor Sie unterschreiben.

Sie haben Fragen oder fühlen sich durch Ihren Arbeitgeber unter Druck gesetzt? Kontaktieren Sie unsere Kanzlei – wir beraten Sie kompetent und diskret zu allen Fragen rund um Ihren Aufhebungsvertrag.

Hinweis: Dieser Fachartikel ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für Ihren konkreten Fall wenden Sie sich bitte direkt an einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht.

Titelbild: Getty Images

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