Bauliche Veränderungen im Wohnungseigentum: Zustimmung, Anspruch und Mehrheit – was Wohnungseigentümer unbedingt wissen müssen!
Rechtsanwalt Depenbrock aus Telgte erklärt bauliche Veränderungen im WEG: Zustimmungspflichten, Mehrheitserfordernisse, Gemeinschafts- und Sondereigentum.

Mit mehrjähriger Erfahrung als Rechtsanwalt verfüge ich über fachliche Expertise und die notwendigen Kenntnisse, um Ihre rechtlichen Anliegen effektiv zu lösen.

1. Problemstellung und Einordnung: Bauvorhaben im WEG-Kontext
Wohnungseigentümer sehen sich oft mit der Frage konfrontiert, ob sie zur Umsetzung eines Bauvorhabens – vom Dachausbau über Wintergärten bis zum Balkon – die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft benötigen. Oder steht dem Einzelnen ein Anspruch auf Genehmigung zu? Ebenso beschäftigt viele Eigentümer, wie streng die rechtlichen Anforderungen tatsächlich sind und wie die neueste WEG-Reform samt aktueller BGH-Rechtsprechung zu bewerten ist.
Diese Unsicherheiten bieten erhebliches Konfliktpotenzial in Wohnungseigentümergemeinschaften. Schon kleine Nachlässigkeiten im Antrags- und Beschlussverfahren können zur Unwirksamkeit, zum Rückbau oder sogar zu erheblichen Schadensersatzforderungen führen. Ob Eigeninitiative beim Umbau oder Schutz vor Übergriffen anderer Wohnungseigentümer – ein sicherer Rechtsrahmen ist Grundvoraussetzung für alle Beteiligten.
2. Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum? Die entscheidende Differenzierung
Die Unterscheidung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum ist zentral, da hiervon abhängt, ob und wessen Zustimmung erforderlich ist.
Gemeinschaftseigentum
Alle wesentlichen Gebäudeteile, die für den Bestand und die Sicherheit der Immobilie erforderlich sind (tragende Wände, Dach, Fenster, Fassade, Haustechnik), stehen zwingend im Gemeinschaftseigentum – unabhängig von anderweitigen Vereinbarungen in der Teilungserklärung. Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind grundsätzlich immer genehmigungspflichtig.
Sondereigentum
Sondereigentum umfasst die Räume der jeweiligen Wohnung und innere Bestandteile, die nicht für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes maßgeblich sind. Veränderungen am reinen Sondereigentum dürfen Eigentümer eigenständig vornehmen – solange andere Eigentümer nicht beeinträchtigt werden und kein Gemeinschaftseigentum (etwa Wände, Decken, Fenster) mitbetroffen ist.
Tabelle: Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum
(lesen Sie die alles zur Differnzierung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum)

3. Baugenehmigung und WEG-Zustimmung: Anspruch, Verfahren und Praxis
Viele Eigentümer gehen (fälschlicherweise) davon aus, dass eine Baugenehmigung automatisch zur Umsetzung am Gemeinschaftseigentum berechtigt. Tatsächlich bezieht sich die Baugenehmigung lediglich auf öffentlich-rechtliche Fragen. Die zivilrechtliche Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bleibt auch bei Vorliegen einer Baugenehmigung zwingend erforderlich, sofern das Bauvorhaben Gemeinschaftseigentum betrifft.
Wann ist die Zustimmung der WEG erforderlich?
- Veränderungen am Gemeinschaftseigentum: Zustimmung immer notwendig, Beschluss durch die Eigentümerversammlung zwingend.
- Maßnahmen ausschließlich am Sondereigentum: Keine Zustimmung nötig, solange Gemeinschaftseigentum nicht betroffen ist oder andere Miteigentümer nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
Praxisfall: Wird z. B. ein Wintergarten angebaut und hierzu eine gemeinsame Außenwand oder die Statik betroffen, ist dies nahezu immer eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum und daher zustimmungspflichtig.
Rechtsfolge einer unterlassenen Zustimmung: Wird das gemeinschaftliche Eigentum eigenmächtig verändert, droht regelmäßig der Rückbauanspruch durch die Gemeinschaft.
Achtung: Sondernutzungsrechte legitimieren bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum (z. B. Gartenfläche, Dachterrasse) nicht automatisch. Auch hier ist in aller Regel ein Gestattungsbeschluss nötig.
4. Mehrheitserfordernisse: Einfache Mehrheit oder qualifizierte Mehrheit?
Mit der WEG-Reform 2020 ist das Beschlussverfahren deutlich erleichtert worden:
- Für bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum genügt grundsätzlich die einfache Mehrheit der erschienenen und stimmberechtigten Eigentümer in der Eigentümerversammlung.
- Frühere Vorgaben in Teilungserklärungen, die eine qualifizierte Mehrheit (z. B. 3/4) verlangten, sind durch das Gesetz überholt, sofern das neue Recht weniger strenge Voraussetzungen vorsieht.
Ausnahme: Grundlegende Umgestaltung oder unzumutbare Nachteile
Ist die bauliche Veränderung nach Art und Umfang geeignet, die Wohnanlage grundlegend umzugestalten oder einzelne Eigentümer unzumutbar zu benachteiligen, sind zusätzliche Schutzmechanismen vorgesehen. Hier kann ein Anspruch auf Gestattung ausgeschlossen sein, selbst wenn eine einfache Mehrheit vorliegt.

5. Pflicht zur Beschlussfassung und Konsequenzen ungenehmigter Maßnahmen
Die Pflicht zur Beschlussfassung ist gesetzlich klar geregelt: Ohne wirksamen Beschluss keine rechtskonforme bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum. Selbst wenn kein anderer Eigentümer gestört wird, bleibt ein legitimierender Beschluss unerlässlich. Bedenken Sie auch, dass ohne einen legitimierenden Beschluss eine Änderung nicht gegen Sonderrechtsnachfolger gelten und (z.B. Erwerber) den Rückbau verlangen können. Lesen Sie hierzu auch alles zu der Eintragung von Beschlüssen in das Grundbuch, zur Absicherung gegen Rechtsnachfolger nach der Reform durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) und bedenken Sie, dass diese Neuerung nicht nur für Altbeschlüsse gilt.
Wichtige Aspekte:
- Die Gemeinschaft kann einen Individualanspruch auf Rückbau bzw. Beseitigung unerlaubter baulicher Veränderungen geltend machen.
- Keine Beschlussfassung = keine Rechtssicherheit für Bauherren.
- Wird eine notwendige Zustimmung verweigert, kann eine Beschlussersetzungsklage zulässig sein (gerichtliche Durchsetzung des Gestattungsanspruchs).

6. Sonderregelungen & nachträgliche Genehmigung – Was gilt im Ausnahmefall?
Privilegierte Maßnahmen:
Der Gesetzgeber sieht für bestimmte Vorhaben einen gesetzlichen Anspruch auf Zustimmung bzw. Gestattung vor, etwa bei Maßnahmen zur Barrierefreiheit, für E-Mobilität, Telekommunikation oder Einbruchschutz.
Nachträgliche Genehmigung:
Bauliche Maßnahmen können auch nachträglich durch einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss genehmigt werden. Bis dahin bleibt das Bauvorhaben aber grundsätzlich rechtswidrig. der betroffene Eigentümer setzt sich damit stets der Gefahr eines Rückbauanspruchs der WEG auf seine Kosten aus. Eigentümer, welche die Absicht einer baulichen Veränderung verfolgen sollten sich daher dringend vorher anwaltlich beraten lassen, um dieser Kostengefahr zu entgegen.
Das Bauvorhaben muss jedoch um genehmigt werden zu können, überhaupt einem Beschluss zugänglich sein.
7. FAQ – Häufige Fragen zur baulichen Veränderung im WEG
8. Fazit & Handlungsempfehlung: Profi-Beratung schützt vor Risiken
Bauliche Veränderungen im Wohnungseigentum sind nach der WEG-Reform rechtlich und praktisch einfacher geworden. Dennoch bleibt die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bei Eingriffen ins Gemeinschaftseigentum das zentrale Element. Ohne rechtswirksamen Beschluss geht das Risiko eines rechtlichen Rückschlags zu Lasten des Bauherrn.
Wer vorausschauend handelt und alle Beteiligten frühzeitig einbindet, erspart sich am Ende langwierige Prozesse, Rückbaukosten oder sogar Schadensersatzansprüche. Gerade bei größer angelegten Bauvorhaben, Um- und Anbauten, empfiehlt es sich, bereits im Planungsstadium eine fundierte rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
„Eine kompetente Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt für Wohnungseigentumsrecht verschafft Ihnen nicht nur Sicherheit, sondern öffnet häufig auch den Weg für eine zügige und reibungslose Einigung mit der Gemeinschaft. Sichern Sie Ihre Position, bevor Sie baulich tätig werden – treten Sie gerne für eine persönliche Erstberatung mit mir in Kontakt!“
— Rechtsanwalt Guido Depenbrock
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